Unkündbarkeit: Ab wann ist man unkündbar

Unkündbarkeit: Ab wann ist man unkündbar?

Das Thema der Unkündbarkeit im Arbeitsrecht sorgt immer wieder für Unsicherheiten und Missverständnisse. Viele Arbeitnehmer stellen sich die Frage: „Ab wann ist man unkündbar?“, und was bedeutet dies für ihren Arbeitsplatz? Besonders im öffentlichen Dienst oder ab einem bestimmten Lebensalter gibt es zahlreiche Missverständnisse darüber, wann und unter welchen Voraussetzungen man unkündbar ist.

In diesem Artikel werden wir die verschiedenen Aspekte der Unkündbarkeit beleuchten, die gesetzlichen und tarifvertraglichen Regelungen erläutern und darlegen, was im Falle einer Kündigung zu tun ist.

Was bedeutet Unkündbarkeit?

Die Unkündbarkeit bedeutet, dass ein Arbeitnehmer vor ordentlichen Kündigungen geschützt ist. Das heißt, der Arbeitgeber kann den Arbeitsvertrag nicht nach den üblichen Kündigungsfristen beenden. Wichtig zu wissen ist jedoch, dass die Unkündbarkeit keinesfalls bedeutet, dass ein Arbeitnehmer überhaupt nicht gekündigt werden kann. Eine außerordentliche Kündigung – auch fristlose Kündigung genannt – bleibt selbst bei unkündbaren Arbeitnehmern eine Option. Diese setzt allerdings einen wichtigen Grund voraus, wie zum Beispiel grobes Fehlverhalten, Betrug oder ähnliche schwerwiegende Pflichtverletzungen.

Die Unkündbarkeit stellt somit keine absolute Sicherheit dar, sondern ist eine arbeitsrechtliche Regelung, die den Arbeitgeber in seinen Möglichkeiten einschränkt, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Sie ist vor allem dazu gedacht, besonders schutzbedürftige Gruppen von Arbeitnehmern abzusichern.

Voraussetzungen der Unkündbarkeit

Die Unkündbarkeit ergibt sich aus verschiedenen gesetzlichen, tarifvertraglichen oder individuellen arbeitsvertraglichen Regelungen.

Zu den typischen Fällen gehören:

  • Schwangere: Sie sind nach § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG) vor Kündigungen geschützt.

  • Elternzeit: Während der Elternzeit gilt ein besonderer Kündigungsschutz, der Kündigungen erheblich erschwert.

  • Betriebsratsmitglieder: Sie genießen während ihrer Amtszeit und sogar darüber hinaus einen besonders starken Kündigungsschutz.

  • Schwerbehinderte: Nach dem Sozialgesetzbuch IX ist eine Kündigung von Schwerbehinderten nur mit Zustimmung des Integrationsamtes möglich.

  • Mitarbeiter im öffentlichen Dienst ab 55 Jahren: Für ältere Beschäftigte im öffentlichen Dienst können tarifvertragliche Regelungen wie der 2. Satz 1 TVöD gelten, die einen besonderen Schutz vor Kündigungen bieten.

Wer ist unkündbar?

Nicht alle Arbeitnehmer können sich auf Unkündbarkeit berufen. In der Regel gilt dieser Status nur für bestimmte Gruppen von Beschäftigten, die aufgrund ihrer besonderen Position oder Lebenssituation als besonders schutzbedürftig angesehen werden.

Diese Arbeitnehmergruppen umfassen unter anderem:

  • Schwangere und Wöchnerinnen: Der Kündigungsschutz beginnt mit der Schwangerschaft und endet erst vier Monate nach der Geburt.

  • Arbeitnehmer in Elternzeit: Während der Elternzeit ist eine Kündigung nur in sehr seltenen Ausnahmefällen möglich.

  • Betriebsratsmitglieder: Sie genießen nicht nur während ihrer Amtszeit, sondern auch in den darauffolgenden zwölf Monaten Kündigungsschutz.

  • Schwerbehinderte: Der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte setzt bereits bei einem Grad der Behinderung von mindestens 50 % ein.

  • Angestellte im öffentlichen Dienst ab einem bestimmten Lebensalter oder bei langer Betriebszugehörigkeit.

Im öffentlichen Dienst gibt es zudem spezielle Regelungen, die den Kündigungsschutz besonders ausgestalten. So können Beschäftigte ab dem 55. Lebensjahr mit einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 15 Jahren in den Genuss einer tarifvertraglich geregelten Unkündbarkeit kommen.

Arbeitsrechtliche Aspekte der Unkündbarkeit

Die Unkündbarkeit ist im deutschen Arbeitsrecht nicht ausdrücklich festgeschrieben, sondern ergibt sich aus verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen und tarifvertraglichen Regelungen. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind die allgemeinen Kündigungsfristen und -regelungen verankert, aber spezielle Regelungen zur Unkündbarkeit sind dort nicht zu finden.

Für die meisten Arbeitnehmer gilt der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG), der bei Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten und nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens sechs Monaten greift. Dieses Gesetz schützt Arbeitnehmer jedoch nicht vor jeder Kündigung, sondern nur vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss einen sozialen Grund (z. B. betriebliche Gründe) für die Kündigung haben und diesen nachweisen.

Tarifvertragliche Regelungen

In manchen Branchen oder Bereichen, insbesondere im öffentlichen Dienst, gibt es tarifvertragliche Vereinbarungen, die einen besonderen Kündigungsschutz oder sogar eine vollständige Unkündbarkeit regeln. Der TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst) sieht beispielsweise vor, dass Mitarbeiter ab 55 Jahren, die mehr als 15 Jahre im Betrieb beschäftigt sind, unter bestimmten Bedingungen unkündbar werden.

Diese tariflichen Regelungen variieren je nach Branche und Tarifgebiet (z. B. Tarifgebiet West), weshalb es wichtig ist, dass sich Arbeitnehmer in tarifgebundenen Unternehmen über ihre spezifischen Rechte informieren.

Kündigung und Unkündbarkeit – Die Unterschiede

Ein häufiges Missverständnis besteht darin, dass Unkündbarkeit mit einer absoluten Sicherheit vor jeder Art von Kündigung verwechselt wird. Tatsächlich schützt die Unkündbarkeit lediglich vor ordentlichen Kündigungen, also solchen, die unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen ausgesprochen werden. Eine außerordentliche Kündigung hingegen kann auch bei unkündbaren Arbeitnehmern möglich sein, wenn der Arbeitgeber einen wichtigen Grund nachweisen kann.

Ein solcher wichtiger Grund kann in einem schweren Fehlverhalten des Arbeitnehmers liegen, wie zum Beispiel Diebstahl, Vertrauensbruch oder grobe Verstöße gegen die Arbeitsvertragspflichten. Auch in Fällen, in denen der Betrieb dauerhaft stillgelegt wird, kann es trotz Unkündbarkeit zu einer Kündigung kommen.

Schutz vor außerordentlichen Kündigungen

Trotz Unkündbarkeit kann eine außerordentliche Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich wirksam sein. Der Arbeitgeber muss jedoch nachweisen, dass ihm das Abwarten der regulären Kündigungsfrist unzumutbar ist. Dies ist in der Regel nur bei schwerwiegenden Verfehlungen oder im Falle von Betriebsschließungen der Fall. Auch hier sollten betroffene Arbeitnehmer stets rechtzeitig einen Rechtsanwalt aufsuchen, um ihre rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen.

Fälle von Unkündbarkeit

Schwangerschaft und Elternzeit

Schwangere Arbeitnehmerinnen genießen während der Schwangerschaft und bis vier Monate nach der Geburt einen umfassenden Kündigungsschutz. Dieser Schutz gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber von der Schwangerschaft weiß oder nicht – die Kündigung wird im Zweifel nachträglich unwirksam, wenn die Arbeitnehmerin innerhalb von zwei Wochen nach der Kündigung ihre Schwangerschaft nachweist.

Ähnlich verhält es sich bei Arbeitnehmern, die sich in Elternzeit befinden. Eine Kündigung während der Elternzeit ist nur in Ausnahmefällen und mit Zustimmung der zuständigen Behörde möglich.

Betriebsratsmitglieder

Ein weiteres klassisches Beispiel für Unkündbarkeit sind Betriebsratsmitglieder. Diese genießen während ihrer Amtszeit und in den darauffolgenden zwölf Monaten nach Beendigung der Amtszeit einen besonderen Kündigungsschutz. Damit soll sichergestellt werden, dass Betriebsratsmitglieder nicht aufgrund ihrer Tätigkeiten im Betriebsrat vom Arbeitgeber benachteiligt oder gekündigt werden.

Rechtsmittel bei unrechtmäßiger Kündigung

Sollte ein Arbeitnehmer trotz der geltenden Regelungen zur Unkündbarkeit gekündigt werden, gibt es die Möglichkeit, sich juristisch dagegen zu wehren. Ein schnelles Handeln ist hierbei wichtig, da eine Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden muss. Arbeitnehmer sollten in diesem Fall unbedingt einen Rechtsanwalt konsultieren, um ihre Rechte durchzusetzen.

Kostenlose Rechtsberatung

Viele Kanzleien bieten eine kostenlose Erstberatung an, um Arbeitnehmern bei der Einschätzung ihrer rechtlichen Möglichkeiten zu helfen. Diese erste Einschätzung kann oft klären, ob die Erhebung einer Kündigungsschutzklage Erfolg haben könnte.

Fazit

Es gibt keine absolute Unkündbarkeit des deutschen Arbeitsrechts, sondern lediglich unterschiedliche Regelungen, die den Kündigungsschutz für bestimmte Arbeitnehmergruppen verschärfen oder die ordentliche Kündigung erschweren. Ob durch Gesetz, Tarifvertrag oder individuelle Absprachen im Arbeitsvertrag – Unkündbarkeit ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden, die nicht für jeden Arbeitnehmer gelten. Arbeitnehmer, die sich in einer besonders geschützten Position befinden, sollten sich ihrer Rechte bewusst sein und im Falle einer Kündigung schnellstmöglich rechtlichen Beistand suchen.

Der Mythos der völligen Unkündbarkeit ist in der Regel ein Irrglaube, doch die bestehenden Regelungen bieten für viele Arbeitnehmer ein hohes Maß an Sicherheit und Schutz.

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