Entzug der Führungsverantwortung

Entzug der Führungsverantwortung – Risiken und Handlungsmöglichkeiten

Der Entzug der Führungsverantwortung, oft als Entleitung bezeichnet, ist ein heikles Thema in der Arbeitswelt, das sowohl Führungskräfte als auch Unternehmen vor große Herausforderungen stellt. Diese Maßnahme kann weitreichende Auswirkungen auf die betroffenen Personen haben, von der beruflichen Demotivation bis hin zu rechtlichen Auseinandersetzungen.

In diesem Artikel beleuchten wir die Risiken, rechtlichen Aspekte und Handlungsmöglichkeiten, die mit dem Verlust von Führungspositionen einhergehen, und geben wertvolle Tipps, wie Führungskräfte und Unternehmen mit dieser komplexen Situation umgehen können.

Definition und Hintergrund

Der Entzug der Führungsverantwortung, auch als Entleitung bezeichnet, bezieht sich auf den Verlust von Personalverantwortung, Entscheidungsbefugnissen und anderen mit der Führungsposition verbundenen Aufgaben. Diese Entscheidung kann für betroffene Führungskräfte weitreichende, oft gravierende Folgen haben, insbesondere wenn sie mit einer Versetzung, einer Kündigung oder einer Veränderung der Arbeitsbedingungen verbunden sind.

In der Unternehmenspraxis kann es zu einem Entzug der Führungsverantwortung aus mehreren Gründen kommen, darunter:

  • Umstrukturierungen: Unternehmen führen häufig Umstrukturierungen durch, um ihre Effizienz zu steigern. Diese Veränderungen können eine Neudefinition von Rollen und Verantwortlichkeiten mit sich bringen, wobei einige Führungskräfte ihre Positionen verlieren.

  • Leistungsbewertungen: Wenn Führungskräfte bei internen Leistungsbewertungen als nicht ausreichend leistungsfähig eingestuft werden, können sie degradiert oder ihrer Führungsaufgaben enthoben werden.

  • Interne Konflikte: Konflikte im Team oder zwischen Führungskräften können dazu führen, dass Chefpositionen in Frage gestellt werden, wodurch betroffene Führungskräfte ihre Verantwortungen verlieren.

  • Strategische Entscheidungen des Arbeitgebers: Manchmal entscheiden Unternehmen, Führungsrollen anders zu organisieren oder neue Führungsqualifikationen zu betonen, was zu einem Verlust der Verantwortung für einige Führungskräfte führt.

Besonders problematisch ist es, wenn Führungskräfte ohne nachvollziehbare Gründe degradiert werden. In solchen Fällen kann es zu einem großen Vertrauensverlust gegenüber der Unternehmensführung kommen, der ein schlechtes Arbeitsklima schafft.

Die Folgen eines solchen Entzugs können gravierend sein: von Gehaltskürzungen über berufliche Demotivation bis hin zur freiwilligen Kündigung. Unternehmen sollten sich der Risiken bewusst sein, die unklare Entscheidungen oder unfaire Methoden verursachen können – sowohl für die betroffenen Mitarbeiter als auch für das Unternehmensimage.

Rechtliche Aspekte der Entleitung

Der rechtliche Rahmen für den Entzug der Führungsverantwortung ist komplex und vielfältig. Der Entzug ist nicht immer leicht durchsetzbar und unterliegt gesetzlichen Bestimmungen. Es ist entscheidend für Unternehmen und betroffene Führungskräfte, die einschlägigen Rechtsvorschriften genau zu kennen. 

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers erlaubt es zwar, die Arbeitsbedingungen zu ändern, jedoch sind dabei klare Grenzen zu beachten:

  • Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz: Dieses Gericht hat entschieden, dass eine Versetzung im Sinne von § 106 Gewerbeordnung unwirksam ist, wenn sie dazu führt, dass ein Arbeitnehmer seine Führungsposition verliert, es sei denn, diese Maßnahme ist ausdrücklich im Arbeitsvertrag festgelegt oder durch eine Änderungskündigung gerechtfertigt. Dies bedeutet, dass für den Entzug der Führungsverantwortung ein vertraglicher oder rechtlicher Rahmen existieren muss.

  • Änderungskündigungen: Diese rechtlichen Instrumente erlauben es einem Arbeitgeber, einen Arbeitsvertrag zu ändern, um eine neue Position zu schaffen oder eine bestehende zu verändern. Dabei sind jedoch die umfangreichen Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes zu beachten. So müssen z. B. die Gründe für die Änderung der Position und ein faires Verfahren dokumentiert werden.

  • Vergütung und Bonus: Oft ist die Vergütung einer Führungskraft an ihre Position gebunden, was bedeutet, dass bei einem Entzug der Verantwortlichkeit die grundlegenden finanziellen Anreize entfallen können. Der Verlust von Boni und anderen leistungsbezogenen Zuschüssen kann für die betroffene Führungskraft erhebliche finanzielle Folgen haben und ihre zukünftige Motivation weiter mindern.

Risiken für Führungskräfte

Der Entzug der Führungsverantwortung kann für die betroffenen Führungskräfte verschiedene negative Auswirkungen haben, die sowohl beruflicher als auch persönlicher Natur sind:

  • Verlust der Karriereperspektiven: Der Wechsel auf eine niedrigere Ebene ist nicht nur ein Rückschlag, sondern kann langfristig die Karrierechancen erheblich beeinträchtigen. Betroffene Führungskräfte verlieren eventuell den Zugang zu strategischen Netzwerken, die für zukünftige berufliche Möglichkeiten entscheidend sind.

  • Reduzierung der Vergütung: Viele Führungskräfte besitzen leistungsabhängige Bonuszahlungen und andere Anreize, deren Verlust durch eine Degradierung zu einem signifikanten Rückgang des Einkommens führen kann. Dies kann negative Folgen auf die Lebensqualität und die finanzielle Sicherheit in der persönlichen Lebenssituation haben.

  • Imageverlust innerhalb des Unternehmens: Die Entscheidung, eine Führungskraft abzuziehen, kann von anderen Mitarbeitern als Schwäche oder Unfähigkeit gewertet werden. Dies kann das Ansehen und die persönliche Marke der betroffenen Führungskraft im Unternehmen erheblich schädigen und Zukunftsperspektiven in diesem Umfeld einschränken.

  • Psychologische Belastung: Der Verlust von Verantwortung und Gestaltungsspielraum kann eine erhebliche psychologische Belastung mit sich bringen. Unsicherheit bezüglich der eigenen Position und fallende Motivation sind häufige Konsequenzen. Betroffene Führungskräfte können sich wertlos oder unterbewertet fühlen, was unter Umständen zu gesundheitlichen Problemen führen kann.

Einige Unternehmen setzen gezielt auf diese Strategie, um Führungskräfte zu einer freiwilligen Kündigung zu bewegen. Diese bedenkliche Praxis kann nicht nur das individuelle Wohlergehen der Mitarbeiter gefährden, sondern auch die Unternehmenskultur langfristig untergraben.

Handlungsmöglichkeiten für Führungskräfte

Für Führungskräfte, die vom Entzug der Führungsverantwortung betroffen sind, ist es wichtig, strategisch und wohlüberlegt zu handeln.

Hier sind einige Handlungsmöglichkeiten:

  1. Arbeitsvertrag prüfen: Die erste Maßnahme sollte die eingehende Prüfung des eigenen Arbeitsvertrags sein. Ist die Führungsfunktion explizit im Vertrag erwähnt? Falls ja, können Änderungen nicht ohne Weiteres durchgeführt werden, und Betroffene haben möglicherweise rechtliche Ansprüche.

  1. Rechtsberatung einholen: Es ist ratsam, einen fachkundigen Anwalt zu konsultieren, um die rechtlichen Rahmenbedingungen der Entleitung zu prüfen und um mögliche Schritte zu evaluieren. Ein Anwalt kann wertvolle Unterstützung dabei leisten, die besten Handlungsmöglichkeiten zu finden.

  1. Interne Klärung suchen: Ein proaktives Gespräch mit Vorgesetzten oder der Personalabteilung sollte in Erwägung gezogen werden, um die Hintergründe der Maßnahmen zu klären. Dies kann helfen, Missverständnisse auszuräumen und potenzielle Konflikte vorzeitig zu entschärfen.

  1. Alternative Positionen prüfen: Sollte der Verbleib im Unternehmen gewünscht sein, können alternative Positionen in Betracht gezogen werden, die sowohl berufliche Entfaltungsmöglichkeiten als auch eine geringere Stressbelastung bieten.

  1. Wechsel in ein anderes Unternehmen: Sollte die Situation als auswegslos erscheinen, kann ein Jobwechsel eine machbare Option darstellen. Dies bietet die Chance, in einem neuen Umfeld frische Perspektiven und Karrieremöglichkeiten zu finden.

Personalverantwortung und Trennungsmanagement

Unternehmen müssen sich der Sensibilität des Themas Entzug der Führungsverantwortung bewusst sein. Ein faires Personalmanagement ist entscheidend, um die Motivation und das Vertrauen der Mitarbeiter zu erhalten. Der erfolgreiche Umgang mit Trennungen und Veränderungen sollte die folgenden Aspekte umfassen:

  • Klare Kommunikation: Eine offene und ehrliche Kommunikation über die Hintergründe und die Gründe der Entscheidung sollte gewährleistet sein. Dies fördert das Vertrauen in die Unternehmensführung und kann die emotionale Belastung der betroffenen Führungskräfte mildern.

  • Transparente Entscheidungsfindung: Die Entscheidung über Personalveränderungen sollte transparent und nachvollziehbar kommuniziert werden. Strukturen sollten ethisch gerechtfertigt und gut dokumentiert sein.

  • Faire Kompensationsstrategien: Unternehmen sollten sicherstellen, dass sogenannte Trennungsvereinbarungen für betroffene Führungskräfte annehmbar sind. Eine faire Behandlung während des Trennungsmanagements kann die Unternehmenskultur erheblich positiv beeinflussen.

Ein bemerkenswertes Beispiel aus der Wirtschaft ist die Commerzbank, die im Zuge von Umstrukturierungen zahlreiche Führungskräfte aus ihren Positionen entfernt hat. Der professionelle, respektvolle Umgang mit dieser Entwicklung hat gezeigt, wie wichtig es ist, die betroffenen Führungskräfte mit Ressourcen und Unterstützung zu begleiten, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten.

Fazit

Der Entzug der Führungsverantwortung ist ein komplexes Thema, das sowohl für betroffene Führungskräfte als auch für Unternehmen ernsthafte Risiken birgt.

  • Führungskräfte sollten ihre Rechte detailliert kennen, alle Optionen erwägen und geeignete rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen, um ihre Position zu schützen.

  • Unternehmen sind gefordert, ein durchdachtes und gerechtes Personalmanagement zu etablieren, um Fehlentscheidungen zu vermeiden, die langfristig gegen die Unternehmenskultur sprechen könnten.

  • Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind entscheidend und sollten sowohl von den betroffenen Führungskräften als auch von den Unternehmen gründlich geprüft werden.

Letztlich erfordert die Entleitung eine differenzierte Betrachtung, da sie Einfluss auf Karriere, Motivation und das Unternehmensklima hat. Eine transparente Kommunikation und eine faire Vorgehensweise sind dabei unerlässlich, um langfristig erfolgreiche Lösungen zu finden und das Vertrauen der Mitarbeitenden zu wahren.

Disclaimer

Es sei darauf hingewiesen, dass unser Webangebot nur zu informativen Zwecken dient und keine fachliche Rechtsberatung bietet. Der Inhalt des Angebots kann und soll keine Einzelberatung ersetzen, die auf Ihren speziellen Fall zugeschnitten ist. Daher übernehmen wir keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Informationen. Unsere Internetseite wird sorgfältig geprüft, kann aber nicht dafür garantieren, dass die Informationen allgemeiner Art eine Rechtsberatung im Einzelfall darstellen. Um konkrete Rechtsfälle zu lösen, wenden Sie sich unbedingt an einen Rechtsanwalt.

Bild: (© Maria Vitkovska – stock.adobe.com)

Jobsuche

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren: